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Bewertungskriterien Forschungszulage: Was zählt als FuE?
Bewertet ein Projektträger oder ein Ministerium ein Projekt auf Förderfähigkeit, greifen diese auf bestimmte Bewertungskriterien zurück. Bei der Forschungszulage ist das nicht anders. Hier hat die Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) jedoch eine umfassende Auflistung der Kriterien herausgegeben, welche sie zur Bewertung von FuE-Vorhaben nutzt. In unsere Blogserie „Bewertungskriterien Forschungszulage“ möchten wir ihnen verschiedene Kriterien präsentieren und erläutern.
Dieser erste Teil der Serie befasst sich mit den drei Kriterien, die jedes FuE-Projekt aufweisen muss, um für einen Antrag auf Forschungszulage geeignet zu sein:
Neuartigkeit
Ein Vorhaben, das der Grundlagenforschung, industriellen Forschung oder experimentellen Entwicklung zuzuordnen ist, muss neuartig sein. Kern dieses Kriteriums ist es, dass im Projekt neues Grundlagenwissen allgemein oder neue Kenntnisse und Fertigkeiten mit dem Ziel, neue Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln, erworben wird. Oder man nutzt vorhandene wissenschaftliche und technische Kenntnisse und Fertigkeiten, um neue oder verbesserte Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen zu entwickeln.
Das Frascati-Handbuch, auf welches die BSFZ bei ihrer Bewertung verweist, definiert Neuartigkeit noch etwas spezifischer: Es besagt, dass bei der Prüfung des Kriteriums nicht nur das eigene Unternehmen, sondern auch der entsprechende Wirtschaftszweig zu prüfen ist. Das heißt, bei der Bewertung eines Vorhabens ist der Stand der Technik im eigenen Unternehmen sowie dem Wirtschaftszweig des Unternehmens zu definieren. Das geplante Vorhaben muss, um als „neuartig“ eingestuft werden zu können, den eigenen Stand der Technik sowie den der Branche in irgendeiner Weise übertreffen. Passt ein Unternehmen seine Produkte, Produktionsprozesse oder Dienstleistungen lediglich an den Stand der Technik der Branche an, handelt es sich dabei nicht um ein FuE-Vorhaben. Dabei ist die Innovationshöhe nicht der Entscheidende Faktor. Auch kleine, trivial erscheinende Veränderungen gegenüber dem Stand der Technik können förderfähig sein. Voraussetzung ist, dass sie mit wissenschaftlichen oder technischen Risiken verbunden sind (Risiko/Unwägbarkeit ist ein eigenes Bewertungskriterium).
In diesem Zusammenhang bewertet die BSFZ noch die Routineabgrenzung. Routinemäßige Produktentwicklungen oder -anpassungen sind keine FuE-Leistungen, selbst wenn sie Verbesserungen darstellen. Wichtig ist hier, wie sich der Projektinhalt von Routinetätigkeiten im Unternehmen abgrenzt. Laut BSFZ besteht jeder Forschungs- und Entwicklungsprozess aus drei Teilbereichen:
- Start/Ausgangslage
- Weg zur Umsetzung
- Ziel: Produkt, Verfahren oder Dienstleistung
In einem FuE-Vorhaben müssen mindestens für einen dieser Teilbereiche mit Unwägbarkeiten verbundene Entwicklungstätigkeiten notwendig sein, damit keine Routinetätigkeit vorliegt.
Hier ein Beispiel: Ein Unternehmen hat eine Produktserie V im Portfolio. Die Serie V ist in verschiedene Leistungsklassen unterteilt. Es gibt die V-200, V-400 und V-600. Nun plant das Unternehmen eine V-800. Technisch unterscheidet sich die V-800 nicht von der V-600, V-400 oder V-200. Sie wurde lediglich in der Leistung und Größe angepasst, genau wie vorherige Leistungsklassen auch. Hierbei handelt es sich um eine Routineentwicklung und nicht um FuE. Das Vorhaben könnte Forschung und Entwicklung entsprechen. Hätte das Unternehmen beispielsweise festgestellt, dass sich die angestrebten Leistungsparameter mit der bestehenden Technik nicht realisieren lassen und Anpassungen am technischen oder wissenschaftlichen Konzept der Baureihe vorgenommen, entspricht das Vorhaben keiner routinemäßigen Anpassung mehr. Wäre dann noch gegeben, dass der angestrebte Leistungsbereich insgesamt neu für die Branche ist oder die Art und Weise wie er erreicht werden soll, so noch nicht umgesetzt wurde, dann ist auch das Kriterium der Neuartigkeit erfüllt.
Unwägbarkeit
Strebt ein Unternehmen an, etwas Neuartiges zu entwickeln, ist das immer mit gewissen Risiken und Unabwägbarkeiten verbunden. Innovative Vorhaben sind nie gänzlich planbar. Es liegt in der Natur von Forschung und Entwicklung, sich Ziele zu setzen und zu versuchen, diese zu erreichen, ohne sicher zu sein, dass das schlussendlich möglich sein wird. Bei der BSFZ zählen für die Bewertung nur wissenschaftliche und technische Risiken. Wirtschaftliche Risiken sind für die Forschungszulage irrelevant.
Voraussetzung für dieses Kriterium ist, dass wissenschaftliche oder technische Unwägbarkeiten die Zielerreichung des Vorhabens gefährden oder zu deren Scheitern führen können. Lassen sich die Unwägbarkeiten durch mehrere Versuchsschleifen oder umfassenderes Engineering relativieren und es droht lediglich ein zeitlicher Verzug des Projekts, liegt weder ein technisches noch ein wissenschaftliches Risiko vor.
Planmäßigkeit
Nach dem Frascati-Handbuch, welches die BSFZ als Grundlage für ihre Bewertungen nutzt, muss ein FuE-Vorhaben einem Plan folgen und budgetiert sein. Außerdem muss der FuE-Prozess systematisch sein und die Dokumentation sowohl der einzelnen Verfahrensschritte als auch der Ergebnisse vorsehen.
Für eine positive Bewertung muss die Methodik und Vorgehensweise eindeutig aus der Beschreibung des Vorhabens erkennbar und der Lösungsansatz fachlich schlüssig und nachvollziehbar sein.
Neben der Beschreibung der Vorgehensweise fordert die BSFZ noch einen schematischen Arbeitsplan, der diese Beschreibung veranschaulicht. Dieser Arbeitsplan sollte einzelne schlüssig zueinanderstehende Arbeitspakete aufweisen, die in Bezug auf Beginn, Ende und Dauer nachvollziehbar zusammenpassen (aufeinander aufbauende Arbeitspakete dürfen beispielsweise nicht parallel laufen).
Ein Vorhaben, welches auf Forschungszulage beschieden werden soll, muss alle drei Kategorien erfüllen. Sollte das bei einem Projekt nach Meinung der BSFZ nicht gegeben sein, stellt in der Regel einmalig Nachfragen. Diese kann der Antragsteller innerhalb von 14 Tagen beantworten. Eine weitere Nachfragenschleife ist danach jedoch nicht mehr möglich. Theoretisch kann die BSFZ einen Antrag auch direkt ablehnen. Das kommt jedoch äußerst selten vor.
Im zweiten Teil unserer Serie „Bewertungskriterien Forschungszulage“ gehen wir auf die förderfähigen und nicht-förderfähigen Tätigkeiten in FuE-Vorhaben ein.