Förder-Bar-Blog
10 Jahre AGVO: Das steckt hinter der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung
Laut Artikel 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind Beihilfen aus staatlichen Mitteln für Unternehmen oder Produktionszweige nicht gestattet. Kurz gesagt: Eigentlich sind Förderungen nach EU-Recht untersagt. Dass Sie diesen Text jedoch auf unserem Förderblog lesen, zeigt, dass es Ausnahmen von dieser Regel geben muss. Denn, Die AEUV regelt ebenfalls, wann Beihilfen mit EU-Recht vereinbar sind. Im Umkehrschluss müsste also jeder EU-Mitgliedstaat in Brüssel eine Aufwartung machen, um Förderprogramme nach EU-Recht genehmigen zu lassen. Seit dem Jahr 2014 ist das glücklicherweise nur in Sonderfällen notwendig. Denn, vor nunmehr 10 Jahren veröffentlichte die EU die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO).
Die AGVO gibt den inhaltlichen Rahmen vor, nach dem Förderprogramme mit EU-Recht vereinbar sind. Stellt ein Mitgliedsstaat ein Förderprogramm zusammen, welches die Kriterien der AGVO erfüllt, bedarf es keine Notifizierung bei der EU-Kommission. Ein AGVO-konformes Programm gilt als mit der AEUV vereinbar. Das heißt jedoch nicht, dass ein Programm, welches keine Übereinstimmung mit der AGVO aufweist, grundsätzlich gegen EU-Recht verstößt. Allerdings müssen solche Programme eine Prüfung durch die EU-Kommission durchlaufen.
Was wird durch die AGVO geregelt?
Der Grundgedanke hinter der AGVO ist es, Kriterien festzulegen, nach denen Förderprogramme den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt nicht verfälschen und den Handel zwischen den EU-Mitgliedsstaaten nicht beeinträchtigen. Die AGVO legt unter anderem Fest, wer gefördert werden darf, welche Ausgaben als förderfähig gelten, wie hoch eine Beihilfe maximal in Bezug zu den förderfähigen Kosten ausfallen darf und wie hoch die Maximalbeträge sind, welche als Förderung ausbezahlt werden können. Die AGVO gilt für folgende Beihilfekategorien:
- Regionalbeihilfen
- Beihilfen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Form von Investitionsbeihilfen, Betriebsbeihilfen und Beihilfen zur Erschließung von Finanzierungen für KMU
- Umweltschutzbeihilfen
- Beihilfen für Forschung und Entwicklung und Innovation
- Ausbildungsbeihilfen
- Einstellungs- und Beschäftigungsbeihilfen für benachteiligte Beschäftigte mit Behinderungen
- Beihilfen zur Bewältigung der Folgen bestimmter Naturkatastrophen
- Sozialbeihilfen für die Beförderung von Einwohnern entlegener Gebiete
- Beihilfen für Breitbandinfrastrukturen
- Beihilfen für Kultur und die Erhaltung des kulturellen Erbes
- Beihilfen für Sportinfrastrukturen und multifunktionale Freizeitinfrastrukturen
- Beihilfen für lokale Infrastrukturen
- Beihilfen für Regionalflughäfen
- Hafenbeihilfen
- Beihilfen für Projekte der der europäischen und territorialen Zusammenarbeit
- Beihilfen im Rahmen von aus dem Fonds „InvestEU“ unterstützen Finanzprodukten
Beispiel: Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben
Artikel 25 der AGVO regelt, unter welchen Voraussetzungen FuE-Vorhaben gefördert werden können, ohne unter die Anmeldepflicht bei der EU-Kommission zu fallen. Dazu müssen Vorhaben beispielsweise in einer der vier Kategorien: Grundlagenforschung, industrielle Forschung, experimentelle Entwicklung oder Durchführbarkeitsstudien fallen. Außerdem ist in diesem Artikel festgeschrieben, welche Kosten sich im Vorhaben als förderfähig ansetzen lassen. Die maximalen Fördersätze für die vier Vorhabenkategorien sind dort ebenfalls hinterlegt. Genauso wie mögliche Förderboni, zum Beispiel für KMU. Plant ein Ministerium nun eine neue FuE-Richtlinie oder möchte eine bestehende Richtlinie anpassen oder abändern, sollten unter anderem alle Voraussetzungen aus Artikel 25 erfüllt sein. Ansonsten kann die Genehmigung der Richtlinie einen vergleichsweise langen bürokratischen „Rattenschwanz“ nach sich ziehen.
In den 10 Jahren seit der Veröffentlichung der AGVO wurde sie mehrmals angepasst. Die letzte Anpassung trat zum 31. Juli 2023 in Kraft. Bis zum 31.12.2023 galt eine Übergangsfrist, während derer die Ministerien Zeit hatten, ihre Programme an die Novellierung anzupassen.
AGVO-Änderungen während eines Antragsprozesses
Für Antragsteller kann das auch Konsequenzen haben. Der Antragsprozess für Förderprogramme kann Monate in Anspruch nehmen. Ändert sich in diesem Zeitraum die AGVO, ist es möglich, dass das Förderprogramm, in dem der Antrag gestellt werden soll, geringfügig anders ausfällt als ursprünglich angenommen. Die notwendigen Anpassungen an der Richtlinie können sich unter anderem auf die förderfähigen Kosten sowie Fördersätze auswirken oder darauf, wer einen Antrag stellen darf. Die Regel ist das jedoch nicht, da AGVO-Änderungen nicht alle paar Monate, sondern eher alle ein bis zwei Jahre vorkommen. Normalerweise gibt es außerdem eine Übergangsfrist in der die neue AGVO bereits in Kraft getreten ist, die Vorgängerversion jedoch noch Anwendung findet.
Laut der EU-Kommission fielen seit 2015 mehr als 96 % der neu aufgestellter Beihilfen unter die AGVO. Somit musste nur ein kleiner Teil an Maßnahmen individuell geprüft und notifiziert werden. Die AGVO bewies in ihrer 10-jährigen Geltungsdauer immer wieder, dass sie als Eckpfeiler der Modernisierung des EU-Beihilferechts funktioniert.